Eine musikalische Hommage an Wien und seine opulente Walzerseligkeit ist Richard Strauss‘ Oper Der Rosenkavalier. Mit der gleichnamigen Suite, die ein Highlight nach dem anderen daraus bietet, eröffnet Chefdirigent Leo McFall das diesjährige Abschlusskonzert der Saison 2024/25. Paula Murrihy singt danach Alban Bergs Sieben frühe Lieder, die eindrucksvoll zwischen später Romantik und früher Atonalität schweben. Zum krönenden Abschluss genießen Sie Sergei Rachmaninows letztes Werk, ein melancholisch-leidenschaftlicher Rückblick auf sein Leben, in Symphonische Tänze gefasst.
Der Rosenkavalier und die Suite
Dass die Oper Der Rosenkavalier nach dem Libretto von Hugo von Hofmannsthal gleich ein Sensationserfolg wurde, liegt zum einen daran, dass sie eine glänzend geschriebene Gesellschaftskomödie ist, zum anderen auch daran, dass die opulente Musik eine „gute alte Zeit“ evoziert und an das prunkvolle Wien des 19. Jahrhunderts erinnert. Auch wenn die Geschichte nochmals hundert Jahre früher, nämlich zur Zeit Kaiserin Maria Theresias spielt, war das Dresdner Uraufführungspublikum im Jahr 1911 hin und weg von der betörenden, schillernden und eben nostalgischen Komposition Richard Strauss‘.
Erst gut 30 Jahre nach der Opernuraufführung wurde die Rosenkavalier-Suite als Destillat aus dem Gesamtwerk zusammengefasst: sie enthält die bekanntesten musikalischen Momente der Oper und ist ein Beispiel für Strauss‘ meisterhafte Orchestrierkünste. Ein großes Orchester von mehr als 90 Musikerinnen und Musikern ist gefordert, einige Sonderinstrumente, wie Bassklarinette, Kontrafagott, Harfe und Celesta sind zu hören, außerdem muss das Orchester ja auch noch die Stimmen der Sängerinnen und Sänger integrieren, um viel Operncharme auf die Konzertbühne zu bringen. Jedenfalls ist das Werk sehr aufregend zu spielen, wie die SOV-Musikerinnen und -Musiker bestätigen – und sicherlich genauso aufregend zu hören!
Sieben frühe Lieder
Schon als Teenager hat Alban Berg Lieder geschrieben, die seine jüngere Schwester Smaragda und sein älterer Bruder Charly sangen. Charly ist es dann auch zu verdanken, dass Berg in Arnold Schönbergs Kompositionskurs aufgenommen wurde – er hatte diesem heimlich Liedkompositionen seines Bruders vorgelegt. Im Laufe seines Lebens komponierte Berg über achtzig Lieder, von denen er aber nur einen Bruchteil veröffentlichte. Die Sieben frühen Lieder aus den Jahren 1905 bis 1907 entstanden während der Lehrzeit bei Schönberg und zeigen Bergs Kenntnis von der Lyrik seiner Zeit. Er lernte in diesen Jahren auch seine spätere Frau Helene kennen, der er den Zyklus zum 10. Hochzeitstag widmete. Wiederum 10 Jahre später erstellte er die Orchesterbearbeitung, die wir im Konzert hören werden. Diese Bearbeitung erst verbindet die Lieder fast wie zu einem Zyklus, er greift dabei auf eine spätromantische Klangsprache zurück, lässt aber immer wieder auch atonale Anklänge hören. Paula Murrihy, die die Lieder im Konzert 6 singen wird, war schon als Studentin von den Klangwelten der Sieben frühen Lieder begeistert und hört darin ganz deutliche Einflüsse von Gustav Mahler, Hugo Wolf, aber auch von Richard Strauss. Ein kurzes Interview mit Paula können Sie in der Podcastfolge zum Konzert 6 hören.
Symphonische Tänze als Lebenswerk
Sergei Rachmaninow schrieb sein letztes Werk 1940 im amerikanischen Exil und widmete es dem Philadelphia Orchestra und seinem Dirigenten Eugene Ormandy. Schon 1917, nach der russischen Revolution, hatte Rachmaninow in den USA „Zuflucht“ gefunden und wurde dort als Pianist gefeiert. Zum Komponieren kam er erst in den 30er-Jahren wieder, in der Schweiz, die er mit Beginn des 2. Weltkrieges wieder verlassen musste.
Die „Symphonischen Tänze“ werden nun als eine Art „Testament“, auf jeden Fall als Lebenswerk gesehen, in denen man sein abwechslungsreiches Leben wiedererkennen möchte. Im ersten Satz, vielleicht eine Erinnerung an seine Zeit als aufstrebender Komponist, wechseln Unruhe und melancholische Schönheit, im zweiten Satz – möglicherweise die Erlebnisse von Revolution und Flucht beschreibend – hören wir geheimnisvolle Walzermelodien. Der dramatische dritte Satz setzt sich wohl mit Tod und Erlösung auseinander, ein Dies-irae-Motiv zitiert einen Totentanz und steht einem hellen Halleluja-Thema gegenüber und mündet in einen festlichen und versöhnenden Schluss. Ein spannendes Werk, ungemein vielfältig und vielgestaltig, ein wahrlich „letztes“ Werk mit Rückschau auf viele Stationen eines großen Lebens.
Im Podcast spricht Leo McFall über eine beeindruckende Stelle im ersten Satz: Rachmaninow zitiert hier ein Thema aus seiner 1. Symphonie, deren Uraufführung ein totaler Misserfolg war, und den so erfolgversprechenden jungen Komponisten für Jahre in die Depression stürzte. Dass er es in den Tänzen nochmals präsentiert, ist nun wohl eine Geste der Versöhnung mit diesem Tiefpunkt in seinem Leben.